Wer glaubt, unkündbar zu sein, irrt! Selbst wenn Arbeitnehmer unter den allgemeinen Kündigungsschutz fallen, können sie aus verschiedenen Gründen gekündigt werden und ihren Arbeitsplatz verlieren. Ein möglicher Grund ist die verhaltensbedingte Kündigung.
Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie u.a. in welchen Fällen eine verhaltensbedingte Kündigung möglich ist, was die Voraussetzungen sind und wie wir Sie unterstützen können.
Inhalt
- Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
- Die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung
- Gründe, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen
- Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung
- Formerfordernisse und Fristen
- Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung und Arbeitslosengeld bei verhaltensbedingter Kündigung
- Warum anwaltliche Beratung dringend empfehlenswert ist
- Fazit
- FAQ
1. Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
Arbeitnehmer, die in Betrieben beschäftigt sind, welche regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen und mindestens 6 Monate dem Unternehmen zugehörig sind, genießen den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Generell können Sie als Arbeitnehmer nie willkürlich gekündigt werden.
![Symbolbild "Verhaltensbedingte Kündigung" Verhaltensbedingte Kündigung](https://schwamborn-schmidt-heisig.de/wp-content/uploads/2024/12/Verhaltensbedingte-Kuendigung.jpg)
Mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages verpflichten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur gegenseitigen Leistungserbringung.
Das heißt, als Arbeitnehmer stellen Sie Ihre Arbeitsleistung zur Verfügung und als Arbeitgeber verpflichten Sie sich im Gegenzug zur Leistungsabnahme und Zahlung der vereinbarten Vergütung.
Alle Pflichten und Rechte sind im jeweiligen Arbeitsvertrag sowie den geltenden Betriebs- und Tarifvereinbarungen festgelegt. Verstößt ein Arbeitnehmer gegen eine Verpflichtung, die in seinem Verhalten bedingt ist, kann er verhaltensbedingt gekündigt werden.
Merke: Verhaltensbedingt gekündigt werden kann nur demjenigen Arbeitnehmer, dem vorgeworfen werden kann, dass er sich wissentlich und steuerbar entgegen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten verhält. Es muss dem Arbeitnehmer grundsätzlich möglich sein, Einfluss auf sein Verhalten zu nehmen. Hierin liegt der Unterschied zur personenbedingten Kündigung.
2. Die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung
Um eine verhaltensbedingte Kündigung rechtswirksam aussprechen zu können, müssen Sie als Arbeitgeber folgende Voraussetzungen beachten:
- Die verhaltensbedingte Kündigung darf nicht willkürlich ausgesprochen werden. Es muss ein erheblicher Pflichtverstoß ihres Mitarbeitenden vorliegen.
- Der Arbeitnehmer muss den Pflichtverstoß schuldhaft, also willentlich begehen. Das ist immer dann der Fall, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden können.
- Eine Kündigung ist immer das letzte Mittel. Erst wenn kein milderes Mittel mehr zur Verfügung steht, darf verhaltensbedingt gekündigt werden.
- Ihr Interesse als Arbeitgeber muss dem des Arbeitnehmers überwiegen. Diese Abwägung darf keine Momentaufnahme sein, sondern muss einerseits den gesamten Beschäftigungszeitraum, die soziale Situation des Arbeitnehmers aber auch die Schwere der Pflichtverletzung berücksichtigen
Um sicherzugehen, dass alle Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung vorliegen, sollte das Gespräch mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht gesucht werden.
Auch Arbeitnehmer sollten diese Möglichkeit nach Erhalt einer verhaltensbedingten Kündigung unbedingt in Betracht ziehen, um sich im Zweifelsfall gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen.
3. Gründe, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen
Nicht jedes Fehlverhalten rechtfertigt eine verhaltensbedingte Kündigung. Nachfolgend erläutern wir mögliche Gründe, die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus verhaltensbedingten Gründen sprechen.
Mit Abschluss des Arbeitsvertrages verpflichtet sich der Arbeitnehmer, seine geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Das ist eine seiner Hauptpflichten. Erbringt er diese nicht, liegt darin ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund gemäß §1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz. Fälle aus der Praxis sind:
- nicht oder zu spätes Erscheinen am Arbeitsplatz
- Verweigerung der Arbeitsleistung
- Androhen einer Krankmeldung
- Verspätetes Anzeigen einer Erkrankung
- Eigenmächtige Urlaubsverlängerung
Eine verhaltensbedingte Kündigung kann auch dann angemessen sein, wenn der Arbeitnehmer zwar eine Leistung erbringt, aber diese nicht der vereinbarten Qualität und Güte entspricht. Wichtig ist dabei, zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen zu unterscheiden. Kündigungsgründe, die dem Bereich der Minderleistung zuzuordnen sind, sind u.a.
- Fehlerhafte Arbeitsergebnisse
- Dauerhafte Teilleistungen durch nicht Erfüllung des Arbeitspensums
Weitere Gründe für verhaltensbedingte Kündigungen sind Verstöße gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten, also Pflichten die u.a. den gegenseitigen Umgang betreffen sind:
- Unsachgemäßer Umgang mit Arbeitgebereigentum
- Unerlaubte private Nutzung von E-Mail und Internet
- Diebstahl, Unterschlagung und andere Straftaten
- Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber oder Kollegen, unkollegiales Verhalten
- Unerlaubte Konkurrenztätigkeit und geschäftsschädigendes Verhalten
- Sexuelle Belästigung und Mobbing am Arbeitsplatz
Es bleibt festzuhalten: Verhalten sich Arbeitnehmer vertragswidrig, kann darin ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund liegen, welcher den Arbeitgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt.
4. Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung
Eine Kündigung ist immer das letzte Mittel, eine Vertragsbeziehung zu beenden. Straftaten außen vor gelassen, muss der Arbeitnehmer deshalb immer die Möglichkeit erhalten, sein Verhalten zu ändern.
Ihr Arbeitgeber darf Sie in der Regel nicht verhaltensbedingt kündigen, wenn er sie als Arbeitnehmer nicht in vorausgehenden Personalgesprächen auf Ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht hat und Ihnen im Rahmen einer Abmahnung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedroht hat. Ändern Sie Ihr Fehlverhalten nicht, werden Sie perspektivisch eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten.
Die weitverbreitete Meinung, dass vor Ausspruch einer Kündigung zweimal zum gleichen Fehlverhalten abgemahnt werden muss, ist übrigens nicht zutreffend. Es gibt keine allgemeingültige Regelung, vielmehr ist die Schwere des Vergehens entscheidend. In besonders gravierenden Fällen können Sie den Arbeitnehmer auch ohne vorausgehende Abmahnung kündigen.
5. Formerfordernisse und Fristen
Eine verhaltensbedingte Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und eigenhändig vom Arbeitgeber unterzeichnet worden sein. Sie wird erst dann wirksam, wenn sie dem Arbeitgeber entweder durch persönliche Übergabe oder postalische Zustellung zugegangen ist.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich eine ordentliche Kündigung nach § 1 KSchG, der die gesetzlichen bzw. im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfristen zu Grunde liegen.
In Ausnahmefällen, denen eine besonders schwere Pflichtverletzung zu Grunde liegt, ist eine fristlose Kündigung ohne Einhaltung von Kündigungsfristen möglich. Die Kündigung muss in diesem Fall gemäß § 626 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Die Frist beginnt, ab Kenntnisnahme des Arbeitgebers von den zugrunde liegenden Verstößen zu laufen.
6. Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung und Arbeitslosengeld bei verhaltensbedingter Kündigung
Einer verhaltensbedingten Kündigung liegen erhebliche Pflichtverletzungen zugrunde. Im Regelfall wird Ihr Arbeitgeber Sie durch vorausgehende Personalgespräche und das Aussprechen einer Abmahnung darauf aufmerksam gemacht haben. Sie hatten also die Möglichkeit, Ihr Verhalten an den vertraglich geschuldeten Rahmen anzupassen.
Nutzen Sie diese Möglichkeit nicht und verstoßen weiterhin willentlich gegen arbeitsvertragliche Pflichten, dürfen Sie auch nicht mit der Zahlung einer Abfindung rechnen.
Gleiches gilt für die Zahlung von Arbeitslosengeld. Tragen Sie die Verantwortung für Ihre Pflichtverletzungen, die letztendlich zum Verlust des Arbeitsplatzes geführt haben, müssen Sie mit einer Sperrzeit von 12 Wochen rechnen. Das heißt, während dieser Zeit sind Sie nicht zum Bezug von Arbeitslosengeld berechtigt.
Generell gilt: Akzeptieren Sie die verhaltensbedingte Kündigung ihres Arbeitgebers nicht, müssen Sie Kündigungsschutzklage erheben. Hier ist die Klagefrist von 3 Wochen zu berücksichtigen. Sollte sich im Kündigungsschutzverfahren ergeben, dass die Kündigung ungerechtfertigt ausgesprochen wurde, bleibt ihr Arbeitsverhältnis weiter bestehen.
7. Warum anwaltliche Beratung dringend empfehlenswert ist
Die Rahmenbedingungen einer verhaltensbedingten Kündigung sind verhältnismäßig eng gefasst. Bevor Sie als Arbeitgeber diese Mittel in Betracht ziehen, besprechen Sie den konkreten Einzelfall mit uns.
Gleiches empfehlen wir Ihnen als Arbeitnehmer bei Erhalt einer verhaltensbedingten Kündigung.
Der Verlust eines Arbeitsplatzes sollte nicht leichtfertig in Kauf genommen werden, da die Folgen nicht unerheblich sein können.
Mit unserer Expertise betreuen wir täglich Mandanten und haben Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung. Gehen Sie besser auf Nummer sicher als Fehler in diesem wichtigen Thema zu machen.
Haben Sie eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten? Dann rufen Sie uns an unter 06196 465 66 oder schreiben Sie eine E-Mail an info@fachanwaelte-bundesweit.de.
8. Fazit
- Verhaltensbedingte Kündigungen beruhen auf schuldhaftem Fehlverhalten des Arbeitnehmers
- Erheblicher Pflichtverstoß und schuldhaftes, steuerbares Verhalten sind Voraussetzung
- Kündigung nur, wenn keine milderen Mittel verfügbar sind (Ultima Ratio)
- Interessen des Arbeitgebers müssen die des Arbeitnehmers überwiegen
- Mögliche Gründe sind Arbeitsverweigerung, Krankmeldungsprobleme, Minderleistung, Straftaten, beleidigendes Verhalten, unerlaubte Nutzung von Firmeneigentum, sexuelle Belästigung oder Mobbing
- Kündigung ohne Abmahnung nur bei gravierenden Fällen möglich
- Schriftform und Fristen müssen eingehalten werden, fristlose Kündigung bei schwerer Pflichtverletzung möglich
- Anwaltliche Beratung zur Prüfung des Einzelfalles ist dringend empfohlen
9. FAQ
Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
Eine Kündigung, die auf einem schuldhaften, steuerbaren Fehlverhalten des Arbeitnehmers basiert und gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt.
Welche Voraussetzungen müssen für eine verhaltensbedingte Kündigung erfüllt sein?
Es muss ein erheblicher Pflichtverstoß vorliegen, der Arbeitnehmer muss schuldhaft handeln, und eine Kündigung darf nur als letztes Mittel erfolgen.
Welche Beispiele für Pflichtverstöße können eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen?
Häufige Gründe sind Arbeitsverweigerung, häufiges zu spätes Erscheinen am Arbeitsplatz, unerlaubte Nutzung von Firmeneigentum, Straftaten wie Diebstahl oder Beleidigungen.
Ist eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich?
Ja, in besonders schwerwiegenden Fällen, z. B. bei Straftaten.
Welche Fristen gelten bei einer verhaltensbedingten Kündigung?
In der Regel gelten die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen. Bei fristlosen Kündigungen beginnt eine zweiwöchige Frist ab Kenntnis des Pflichtverstoßes.
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