Unter Umgangsrecht werden die Rechte von Kindern verstanden, mit ihren getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern Zeit verbringen zu können. Die Eltern sind zum einen zum Umgang berechtigt und zum anderen zum Umgang verpflichtet.
Bei jeder Umgangsregelung steht das Wohl des Kindes im Vordergrund.
Für die Ausgestaltung des Umgangsrechts des umgangsberechtigten Elternteils gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Eine Umgangsregelung sollte daher von beiden Eltern einvernehmlich getroffen werden, da die Eltern in erster Linie für eine solche Regelung verantwortlich sind.
Bernd Schmidt ist Fachanwalt für Familienrecht und informiert in diesem Beitrag über das Umgangsrecht.
Übersicht:
- Was ist das Umgangsrecht?
- Sind Umgangsrecht und Sorgerecht dasselbe?
- Gibt es ein übliches Umgangsrecht?
- Was heißt Umgangsregelung?
- Wer entscheidet über Umgangsregelung?
- Fazit
Was ist das Umgangsrecht?
Das Umgangsrecht umfasst die Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern, Zeit miteinander verbringen zu können. Eine Umgangsregelung muss immer dann von den Eltern getroffen werden, wenn sie geschieden sind oder getrennt leben und ein gemeinsames Kind haben. Bei allen Entscheidungen und Vereinbarungen über das Umgangsrecht hat das Wohl des Kindes und die Förderung sowie der Schutz des Kindeswohls Vorrang.
Das Recht des Kindes auf Umgang mit einem Elternteil
Nach § 1684 Abs. 1 BGB hat das Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen. Trotz der Trennung der Eltern soll das Kind die Möglichkeit haben, mit beiden Elternteilen Kontakt pflegen und Umgang haben zu können. Eine Verpflichtung des Kindes zum Umgang mit einem Elternteil gegen dessen Willen wäre dem Kindeswohl nicht dienlich und kommt daher nicht in Betracht.
Umgangsrecht und -pflicht der Eltern
Beide Elternteile haben ein Recht auf Umgang mit ihrem Kind. Darüber hinaus besteht eine Umgangspflicht der Eltern, d.h. die Eltern müssen Zeit mit ihrem Kind verbringen. Wenn ein Elternteil den Umgang nicht will, könnte der Umgang zwar theoretisch mit Zwangsmitteln gerichtlich durchgesetzt werden.
Da ein solch erzwungener Umgang aber fast nie mit dem Kindeswohl vereinbar ist, ist die Umgangspflicht kaum durchsetzbar. Würde die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht jedoch dem Kindeswohl nicht widersprechen, wären Zwangsmaßnahmen möglich.
Sind Umgangsrecht und Sorgerecht dasselbe?
Nein. Das Umgangsrecht und das Sorgerecht betreffen die Verantwortung der Eltern für ihr Kind und die Ausübung unterschiedlicher Rechte. Umgangsrecht und Sorgerecht bestehen jedoch unabhängig voneinander. Selbst ein Elternteil, der durch das alleinige Sorgerecht des anderen Elternteils von der Sorge für das Kind ausgeschlossen ist, kann und muss sein Umgangsrecht ausüben.
Mehr zum Thema gemeinsames Sorgerecht lesen Sie in unserem Beitrag zum Thema.
Während das Umgangsrecht nur den Kontakt und den Umgang des Kindes mit dem Elternteil umfasst, bezeichnet das Sorgerecht die rechtliche Befugnis des sorgeberechtigten Elternteils, Entscheidungen für und über das Leben des Kindes zu treffen. Üben die Eltern gemeinsam das Sorgerecht aus, entscheiden sie über alles das, was von erheblicher Bedeutung für den Lebensweg des Kindes ist, gemeinsam.
Die Ausübung des Umgangsrechts umfasst die Entscheidung über Angelegenheiten des täglichen Lebens. Während der umgangsberechtigte Elternteil während des Umgangs über z.B. den Kontakt zu Schulfreunden oder den Schulalltag entscheidet und die übliche medizinische Versorgung sicherstellt, entscheidet der sorgeberechtigte Elternteil z.B. über Schule und Ausbildung des Kindes oder wichtige medizinische Behandlungen.
Was gehört alles zum Umgangsrecht?
Das Umgangsrecht des umgangsberechtigten Elternteils umfasst den regelmäßigen persönlichen Kontakt, also das Sprechen und Sehen des Kindes, ab einem bestimmten Alter des Kindes auch Übernachtungen. Während des Umgangs hat der umgangsberechtigte Elternteil das Recht, das Kind persönlich zu betreuen (Tagesablauf, Pflege, Ernährung etc.).
Zum persönlichen Kontakt gehören gemeinsame Unternehmungen und Urlaube sowie der Kontakt per Telefon, E-Mail oder Brief, bei älteren Kindern auch über Kommunikationsformen wie z.B. Skype oder WhatsApp. Der umgangsberechtigte Elternteil hat darüber hinaus das Recht, dem Kind Geschenke zu machen, sowie ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes nach § 1686 BGB.
Gibt es ein übliches Umgangsrecht?
Ein „übliches“ oder „normales“ Umgangsrecht gibt es nicht. Die gesetzliche Regelung des Umgangs mit den Eltern macht keine Vorgaben dazu, wie intensiv, häufig oder in welcher Form der Umgang geschehen muss.
Die Ausgestaltung des Umgangs hat sich vor allem am Wohl des Kindes und dessen Alter zu orientieren.
Daneben spielen Aspekte wie z.B. die bisherige Bindung bzw. Vertrautheit zwischen dem umgangsberechtigten Elternteil und Kind eine Rolle, genauso wie die familiäre Situation, das Konfliktniveau zwischen den Eltern oder die räumliche Entfernung.
Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass z.B. eine Übernachtung des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil zumeist erst ab dem Kindergartenalter und wenn das Kind mit der Wohnumgebung vertraut ist, sinnvoll erscheint.
Bei einem Säugling, Kleinstkind oder Kleinkind, selbst wenn dies eine besondere Bindung zur Mutter erfordert, kann dem umgangsberechtigten Vater der Umgang nicht gänzlich verwehrt werden, da er die Möglichkeit haben muss, eine Bindung zu seinem Kind aufbauen zu können. Bei Säuglingen, Kleinstkindern und Kleinkindern beträgt das Umgangsrecht einige Stunden pro Woche.
Umgangsrecht verweigern – In welchen Fällen geht das?
Was heißt Umgangsregelung?
Die Regelung der Häufigkeit und Intensität des Umgangs ist Sache der Eltern untereinander. Zu diesem Zweck sollten geschiedene oder getrennt lebende Eltern eine Umgangsregelung treffen. Diese sollte am besten schriftlich abgefasst werden, in der Praxis gut umsetzbar sein und die nötige Flexibilität beinhalten.
Bei der Erarbeitung oder dem Versuch der Erarbeitung einer Umgangsregelung ist kein Platz für Konflikte zwischen den Eltern, die bereits zu einer Trennung oder einer möglichen Scheidung geführt haben. Können sich die Eltern nicht auf eine Umgangsregelung einigen, wird das Kind in einen Konflikt hineingezogen, der dem Kindeswohl sicher nicht förderlich ist.
Wichtige Informationen finden Sie in unserem Beitrag zum Thema einvernehmliche Scheidung.
Dies führt nicht zuletzt zu einer Überforderung des Kindes. Ab einem gewissen Alter kann das Kind zudem in Loyalitätskonflikte gegenüber dem einen oder anderen Elternteil geraten. Trotz aller Ängste der Eltern in der Trennungsphase sollte ein solches Verhalten oder solche Umgangskonflikte vermieden werden. Denn das Kind hat ein Recht darauf, den umgangsberechtigten Elternteil zu sehen und mit ihm zu verkehren.
Gesetzliche Loyalitäts-/Wohlverhaltenspflicht
Deshalb sind beide Elternteile gesetzlich zur Loyalität bzw. dem Wohlverhalten dem anderen Elternteil gegenüber verpflichtet. Nach § 1684 Abs. 2 BGB hat jeder Elternteil den Kontakt und Umgang des anderen Elternteils zu fördern. Dazu gehört auch, dass jedes Verhalten zu unterlassen ist, das geeignet ist, das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil zu erschweren.
Wer entscheidet über Umgangsregelung?
Da der Umfang des Umgangsrechts gesetzlich nicht geregelt ist und es keine Verpflichtung zum Erlass einer Umgangsregelung durch das Familiengericht gibt, ist es Sache der Eltern, einvernehmlich eine Umgangsregelung zu treffen. Es ist keine Aufgabe von Behörden, wie dem Jugendamt oder dem Familiengericht, eine Umgangsregelung zu treffen.
Die Eltern sollten daher selbst eine Umgangsregelung treffen und nicht erwarten, dass Gerichte, Jugendämter oder Rechtsanwälte dies für sie regeln. Allerdings kann ein Fachanwalt für Familienrecht beratend hinzugezogen werden, wenn bei der Erarbeitung der Umgangsregelung Schwierigkeiten auftreten.
Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts kann das Jugendamt nach § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII leisten. Daneben bieten auch andere Beratungsstellen, wie z. B. kirchliche Beratungsstellen, in diesem Bereich Unterstützung an.
Gerichtliche Entscheidung über Umgang vermeiden
Gerichtliche Auseinandersetzungen sollen möglichst vermieden werden, um eine für beide Elternteile akzeptable und einvernehmliche Umgangsregelung im Interesse des Kindeswohls zu erreichen. Erst wenn dies nicht möglich ist, kann und sollte ein Umgangsverfahren vor dem Familiengericht eingeleitet werden.
In einem solchen Verfahren besteht die Möglichkeit, dass sich die Eltern im Wege eines gerichtlichen Vergleichs einvernehmlich auf eine Umgangsregelung einigen. Ist dies nicht möglich, entscheidet das Gericht durch Beschluss und trifft eine Umgangsregelung, die mit bestimmten Bedingungen oder Auflagen verbunden werden kann.
Fazit
- Umgangsrecht ermöglicht eine intakte Kind-Eltern-Beziehung: Das Umgangsrecht bezieht sich auf die Möglichkeit für Kinder, Zeit mit ihren getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern zu verbringen, um ihre Beziehung aufrechtzuerhalten.
- Das Wohl des Kindes hat Vorrang: Das Kindeswohl steht bei Umgangsregelungen im Mittelpunkt. Entscheidungen müssen im besten Interesse des Kindes getroffen werden.
- Eltern teilen Umgangsrecht und -pflicht: Beide Elternteile haben das Recht und die Pflicht, ihr Kind zu sehen. Erzwungener Umgang wird vermieden, wenn er dem Kindeswohl widerspricht.
- Unterschied zwischen Umgangs- und Sorgerecht: Umgangsrecht bezieht sich auf den Kontakt und die Zeit mit dem Kind, während das Sorgerecht die rechtliche Befugnis zur Entscheidungsfindung für das Kind umfasst.
- Umgangsregelung im Kindesinteresse: Eltern sollten eine Umgangsregelung einvernehmlich treffen, um Konflikte zu vermeiden und das Kindeswohl zu schützen. Gerichtliche Intervention sollte möglichst vermieden werden.
- Das Kind hat ein Recht darauf, eine positive Beziehung zu beiden Elternteilen zu pflegen. Es ist wichtig, dass sich Eltern stets bewusst machen, dass Umgangsrecht und -pflicht die Beziehung zwischen Kindern und getrennt lebenden Eltern unterstützen.
Priorisieren Sie daher das Wohl des Kindes und arbeiten Sie gemeinsam an einer Umgangsregelung, die altersgerecht und flexibel ist. Vermeiden Sie Konflikte und betreiben Sie im Interesse des Kindes eine konstruktive Kommunikation.
Sollten Sie nicht in der Lage sein, eine für beide Elternteile annehmbare Vereinbarung zu schließen, unterstütze ich Sie gern bei der Problemlösung.
Gerichtliche Entscheidungen sollten immer das letzte Mittel sein.
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