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Betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung

Kann der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung im Unternehmen aussprechen? Um die Herausforderungen der Corona-Pandemie zu meistern, müssen viele Unternehmen ihre betrieblichen Abläufe umstrukturieren und Unternehmensstrukturen verändern.

Aber auch andere wirtschaftliche oder finanzielle Herausforderungen können eine Umstrukturierung notwendig machen.

Doch kann der Arbeitgeber wegen einer Umstrukturierung auch Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen entlassen?

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Bernd Schmidt geht in diesem Beitrag zu „Betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung“ dieser Frage nach und informiert darüber, was bei einer betriebsbedingten Kündigung zu beachten ist.

Haben Sie eine betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung bekommen? Melden Sie sich gerne bei uns!

Übersicht:

  1. Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
  2. Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?
  3. Wann darf man betriebsbedingt gekündigt werden?
  4. Ist Umstrukturierung ein Kündigungsgrund?
  5. Hat man bei einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Abfindung?

1. Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Wenn der allgemeine Kündigungsschutz für ein Arbeitsverhältnis gilt und das Kündigungsschutzgesetz – kurz KSchG – Anwendung findet, muss eine arbeitgeberseitige Kündigung sozial gerechtfertigt sein, damit die Kündigung auch rechtlich zulässig ist. Hierfür sieht § 1 KSchG drei Kündigungsgründe vor – die verhaltensbedingte, die personenbedingte und die betriebsbedingte Kündigung.

Während die verhaltensbedingte und die personenbedingte mit der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers zu tun haben, sind betriebsbedingte Kündigungsgründe die einzigen Kündigungsgründe, die nichts mit der Sphäre des Arbeitnehmers zu tun haben. Bei der betriebsbedingten Kündigung liegt der Grund für die Kündigung einzig in dringenden betrieblichen Gründen darunter fällt auch die betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung.

2. Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?

Dem Arbeitgeber unterliegt die unternehmerische Entscheidung darüber, welche organisatorischen Maßnahmen er trifft, um in seinem Unternehmen betriebliche Veränderungen umzusetzen. Diese Maßnahmen können dazu führen, dass das Unternehmen nicht mehr in der gleichen Personalstärke weitergeführt wird und Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Schlussfolgernd führt dies zu einer Betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung.

Können die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen werden, nicht an anderer Stelle im Unternehmen eingesetzt werden, kann eine betriebsbedingte Kündigung dieser Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein.

Die Gründe für die unternehmerische Entscheidung, Personal abzubauen, können unterschiedlicher Natur sein und auf unterschiedlichen Einflüssen beruhen. Dabei unterscheidet man meist innerbetriebliche Gründe und außerbetriebliche Gründe.

Zu den innerbetrieblichen Gründen zählen etwa:

  • Rationalisierung z.B. durch technische Entwicklungen
  • Wirtschaftliche Einflüsse
  • Zusammenlegung oder Schließung von Abteilungen oder Filialen
  • Umstellung oder Verlagerung von Produktionskapazitäten
  • Umstrukturierung und Veränderungen von z.B. Produktions- oder Organisationsabläufen

Zu den außerbetrieblichen Gründen zählen beispielsweise:

  • Mangel oder Rückgang von Aufträgen
  • Verlust von Aufträgen
  • Rückgang der Umsätze
  • Absatzschwierigkeiten
  • Einschränkung von Rohstoffverfügbarkeit oder durch Verfügbarkeit von Bauteilen etc.
  • Energiemangel
  • Stellenstreichungen im Haushalt
  • Wegfall von Drittmitteln

Eine solche Unterscheidung ist allerdings z.T. nicht notwendig. Häufig hängen innerbetriebliche und außerbetriebliche Faktoren z. B. für eine Umstrukturierung zusammen. Die außerbetrieblichen Faktoren können z.B. das Motiv für innerbetriebliche Maßnahmen sein bzw. für die unternehmerische Entscheidung, innerbetriebliche Maßnahmen durchzusetzen. Allein durch außerbetriebliche Faktoren ist ohne Weiteres kein Personalabbau denkbar oder angezeigt.

3. Wann darf man betriebsbedingt gekündigt werden?

Für eine betriebsbedingte Kündigung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen müssen dringende betriebliche Erfordernisse (Gründe) vorliegen, die zu einem Personalabbau oder Personalrückgang führen. Eine Kündigung aus betrieblichen Gründen muss auch dringlich sein, d.h. es darf keine anderen Möglichkeiten geben, den Arbeitnehmer einzusetzen.

Außerdem muss der Arbeitgeber bei Kündigungen eine Sozialauswahl durchführen. Die Sozialauswahl berücksichtigt bei der Frage, welcher Arbeitnehmer gekündigt werden kann, soziale Gesichtspunkte wie das Lebensalter, den Zeitraum der Betriebszugehörigkeit, die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen wie z.B. minderjährige Kinder und eine eventuell vorliegende Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers.

Für jede dieser anzulegenden Kategorien wird meist ein Punktewert in unterschiedlicher Höhe vergeben, so dass die soziale Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer anhand des erreichten Punktwertes verglichen werden kann. Je sozial schutzwürdiger ein Arbeitnehmer nach dem Punktewert ist, desto weniger wahrscheinlich ist seine betriebsbedingte Kündigung.

4. Ist Umstrukturierung ein Kündigungsgrund?

Eine Umstrukturierung in einem Unternehmen gehört grundsätzlich zu den möglichen Auslösern für eine betriebsbedingte Kündigung. Dabei heißt Umstrukturierung lediglich, dass z.B. bestimmte Strukturen im Unternehmen verändert werden. Der zugrundeliegende Arbeitsaufwand kann aber durchaus gleich bleiben und einen ähnlich hohen Personalaufwand rechtfertigen.

Deshalb bedeutet eine anstehende Umstrukturierung aber nicht, dass unbedingt betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden müssen oder Personal wegfällt. Wird z.B. aus organisatorischen Gründen einen ganze Hierarchieebene gestrichen und der Arbeitsanfall umstrukturiert, müssen die Aufgaben dieser Ebene von anderen Arbeitnehmer übernommen werden, so dass der Arbeitsaufwand dadurch nicht geringer ausfallen muss.

Umstrukturierung ist unternehmerische Entscheidung

Zwar handelt es sich bei Umstrukturierungen und anderen innerbetrieblichen Gründe bei einer betriebsbedingten Kündigung um eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers. Doch auch wenn die Arbeitsgerichte diese unternehmerischen Entscheidungen nur bedingt überprüfen, so hat der Arbeitgeber sich zu der Umstrukturierung als Kündigungsgrund zu erklären.

Wehrt sich der Arbeitnehmer gegen eine betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung mittels Kündigungsschutzklage, hat der Arbeitgeber darzulegen, wie sich der Personalbedarf durch Umstrukturierungsmaßnahmen konkret verändert hat. Er kann sich z.B. nicht einfach auf den Wegfall einer Hierarchieebene oder lediglich auf außerbetriebliche Umstände als Motiv für die Umstrukturierung berufen.

Vorbeugung von offensichtlich unsachlichen, unvernünftigen oder willkürlichen Entscheidungen

Selbst wenn der Arbeitsaufwand durch die Umstrukturierung auf andere Arbeitnehmer verteilt werden soll, muss der Arbeitgeber plausibel nachweisen, wie diese Verteilung tatsächlich aussieht oder geplant ist. Außerdem verlangt das Bundesarbeitsgericht beispielsweise eine nachvollziehbare Prognose, wie sich die Umstrukturierung dauerhaft auf den Personalbedarf auswirkt, und ob der Arbeitsaufwand unter den Voraussetzungen des Personalabbaus noch durchführbar ist.

Sind die Arbeitnehmer, auf die der weitere Arbeitsaufwand verteilt werden soll, bereits genug ausgelastet, wäre ein Personalabbau eine offensichtlich unsachliche, unvernünftige oder willkürliche unternehmerische Entscheidung, der vorgebeugt werden muss. Betriebsbedingte Kündigungen wären in solchen Fällen unwirksam darunter fällt auch die betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung.

5. Hat man bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Umstrukturierung Anspruch auf eine Abfindung?

Bei der betriebsbedingten Kündigung wegen Umstrukturierung kann der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung gem. § 1a Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung anbieten. Diese beträgt für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Monatsgehalt. Möchte man als Arbeitnehmer diese Abfindung annehmen, darf man allerdings keine Kündigungsschutzklage einreichen. Dies ist die Voraussetzung für die Regel-Abfindung.

Verzichtet man auf die Kündigungsschutzklage, ist die Kündigung drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens wirksam. Der Arbeitgeber erreicht somit schnell wirksame Kündigungen, weil dann keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden können, die den Bestand der Kündigung angreifen könnten.

Eine Abfindung wegen einer betriebsbedingten Kündigung gem. § 1a KSchG muss der Arbeitgeber aber wörtlich in dem Kündigungsschreiben anbieten. Enthält das Kündigungsschreiben dieses Angebot nicht, kann man als Arbeitnehmer zwar auch eine Abfindung erhalten, aber meist nur über eine Kündigungsschutzklage und den Abschluss eines Vergleichs während des Klageverfahrens.

Bildquellennachweis: © Dutko | PantherMedia

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