Arbeitnehmerhaftung: Hinweise für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Bei der Ausführung betrieblicher oder dienstlicher Tätigkeiten können Arbeitnehmer dem Arbeitgeber oder Dritten einen Schaden zufügen.

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Hier stellt sich die Frage nach der Haftung der Arbeitnehmer.

Haften Sie als Arbeitnehmer für jeden Schaden, der in Ausübung betrieblicher Tätigkeiten entstanden ist? Oder kommt eine Haftung nur in bestimmten Fällen infrage?

Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Bernd Schmidt informiert über die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung.

Übersicht:

  1. Was ist Arbeitnehmerhaftung?
  2. Wie wird die Haftung der Arbeitnehmer begrenzt?
  3. Fehlverhalten und Haftung
  4. Weitere Konsequenzen im Haftungsfall
  5. Beweisfragen bei der Arbeitnehmerhaftung
  6. Der Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber
  7. Was gilt bei Schädigung von anderen Mitarbeitenden?
  8. Zusammenfassung
  9. FAQ

Was ist Arbeitnehmerhaftung?

Im Bereich der Arbeitnehmerhaftung geht es um die Frage, ob Sie als Arbeitnehmer für einen von Ihnen verursachten Schaden bei Ausübung Ihrer betrieblichen Tätigkeit haften. Dabei sind mit Blick auf mögliche Konsequenzen von Schadensereignissen, die ein Arbeitnehmer verursacht hat, zwei Ebenen zu unterscheiden:

  1. Die eine Ebene betrifft potenzielle Schadensersatzansprüche aufgrund von Vermögens- und Personenschäden.
  2. Die andere Ebene ist die arbeitsrechtliche Ebene mit Abmahnungen und einer möglichen Kündigung als Folge eines schuldhaft verursachten Schadensereignisses.
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Würden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unbeschränkt nach allgemeinen Grundsätzen für von ihnen verursachte Schäden in der Arbeitswelt haften, wäre jedes Arbeitsverhältnis ein sehr gefährliches, unberechenbares Rechtsverhältnis. Deshalb wurde nicht nur für die sogenannte gefahrgeneigte Arbeit, sondern auch in jedem Arbeitsverhältnis eine Beschränkung bei der Haftbarkeit von Arbeitnehmern entwickelt.

Heute wird jede betrieblich veranlasste Tätigkeit in die beschränkte Haftung einbezogen. Dabei sind verschiedene Aspekte zu beachten.

Wie wird die Haftung der Arbeitnehmer begrenzt?

Die Beschränkung der Haftung richtet sich nach verschiedenen Graden der Fahrlässigkeit. Unterschieden werden leichte, mittlere und grobe Fahrlässigkeit. Über allem steht die Annahme, dass eine Begrenzung der Haftbarkeit von Arbeitnehmern für einen vorsätzlich verursachten Schaden nicht infrage kommt.

Bei leichter Fahrlässigkeit handelt es sich um ein im Vergleich unerhebliches Augenblicksverschulden, um eine leichte Nachlässigkeit. Hier wird in den meisten Fällen die Haftung gänzlich auszuschließen sein.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird eine Aufteilung der Haftung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorgenommen. Nach allgemeiner Meinung ist ein gänzlicher Haftungsausschluss regelmäßig nicht anwendbar. Nach allgemeinen Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten kommt man meistens zu einer hälftigen Aufteilung der Haftung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In die Abwägung hinein spielen verschiedene Gesichtspunkte wie Gefahrgeneigtheit der Arbeit, Aufgaben des Arbeitnehmers, Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und einige mehr.

Bei grober Fahrlässigkeit verletzt der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und lässt vorsorgliche Maßnahmen unbeachtet, die jedem einsichtigen Menschen klar sind. Ob einem Arbeitnehmer grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, bestimmt sich unter anderem danach, welche Einsichtsfähigkeit der Betroffene nach seinen individuellen Fähigkeiten mitbringt. Bei grober Fahrlässigkeit haften Arbeitnehmer in den meisten Fällen zu 100 % für den eingetretenen Schaden.

Eine Haftungsbeschränkung greift, wenn zwischen Arbeitslohn und Schaden ein erkennbar deutliches Missverhältnis herrscht. Wann ein solches anzunehmen ist, wird im individuellen Fall zu prüfen sein. Häufig ist die Rede von einer Haftungsobergrenze von drei Bruttoeinkommen.

Fehlverhalten und Haftung

Jede Form der Haftung setzt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers voraus. Ebenso ist Voraussetzung für eine Haftumg von Arbeitnehmern ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten (der Pflichtverletzung) und dem eingetretenen Schaden. Hier folgt die Arbeitnehmerhaftung den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts.

Über den Grad der Fahrlässigkeit wird das individuelle Verschulden berücksichtigt. Arbeitnehmer sollen nicht für kleinere, unerhebliche Unachtsamkeiten unangemessen zur Verantwortung gezogen werden. So wird auch verhindert, dass eine umgeworfene Tasse Kaffee zu einer schweren Belastung eines an sich guten Arbeitsverhältnisses wird.

Die Situation am Arbeitsplatz und das rechtliche Verhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind speziell. Deshalb kommen die oben beschriebenen Haftungsbegrenzungen in Betracht, die weitestgehend von den Arbeitsgerichten entwickelt worden sind. Die individuelle Würdigung jedes einzelnen Schadensfalls spielt dabei eine große Rolle.

Weitere Konsequenzen im Haftungsfall

Wer bei der Arbeit einen Schaden verursacht, kann als Arbeitnehmer arbeitsrechtlich in die Verantwortung genommen werden. Hier kommen je nach Lage des einzelnen Falles eine Abmahnung oder sogar eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Insbesondere bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung liegt eine Kündigung im Bereich des Möglichen.

Die arbeitsrechtliche Würdigung ist zunächst unabhängig von der schadenersatzrechtlichen, auch wenn beide auf ein bestimmtes Schadensereignis zurückgehen. Mit der Würdigung der Haftung entsteht eine gewisse Vorabbewertung des gesamten Schadensfalls, der sich auf die arbeitsrechtliche Einschätzung auswirken kann.

Beweisfragen bei der Arbeitnehmerhaftung

Im Arbeitsverhältnis wird der Arbeitnehmer als Schadensverursacher bei den Regelungen zum Beweis im Vergleich zu einem normalen Schädiger privilegiert. Regelmäßig wird in anderen Fällen des Zivilrechts angenommen, dass bei einem objektiven Pflichtverstoß dieser auch schuldhaft erfolgt ist. Schuldhaft heißt, der Schaden wurde vorsätzlich oder fahrlässig verursacht. Die schuldhafte Schadensverursachung ist die Voraussetzung für eine Haftung.

Im allgemeinen Zivilrecht muss der Schädiger vor Gericht beweisen, dass er seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Anders ist es bei der Arbeitnehmerhaftung. Hier obliegt es dem Arbeitgeber als geschädigter Partei, in einem Haftungsprozess zu beweisen, dass der Arbeitnehmer bei der Schadensverursachung fahrlässig oder schuldhaft gehandelt hat.

Der Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber

Schädigt ein Arbeitnehmer bei einer betrieblichen Tätigkeit einen Dritten, kann er unter Umständen einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen. Das gilt jedenfalls für leichte und mittlere Fahrlässigkeit. Hier muss der Arbeitgeber in dem Umfang für den Schaden beim Dritten aufkommen, indem er nach der oben beschriebenen Haftungsverteilung selbst in die Haftung einbezogen wäre.

Bei leichtester Fahrlässigkeit kann es dazu kommen, dass der Freistellungsanspruch in voller Höhe gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden kann. Der Arbeitnehmer kann in diesem Falle als Schädiger vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser den Schaden gegenüber dem Dritten in vollem Umfang ausgleicht.

Wichtig zu wissen: Freistellungsansprüche müssen wirtschaftlich durchsetzbar sein. Kann der Arbeitgeber den Schadensersatz etwa wegen Zahlungsunfähigkeit nicht leisten, fehlt es an dieser wirtschaftlichen Durchsetzbarkeit. Der Freistellungsanspruch geht ins Leere. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, wenn der Arbeitgeber von Arbeitnehmern verlangt, mit geleasten oder fremden Dritten gehörenden Fahrzeugen oder Gütern zu arbeiten. Arbeitnehmer können in diesem Fall so lange ihre Arbeitsleistung verweigern, als der Arbeitnehmer keine ausreichende Vollkaskoversicherung nachweist. In dieser Konstellation sollte auch auf eine überschaubare Selbstbeteiligung geachtet werden.

Was gilt bei Schädigung von anderen Mitarbeitenden?

Wenn Menschen als Kolleginnen und Kollegen miteinander arbeiten, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass der eine Mitarbeiter den anderen bei Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit schädigt. Wenn bei der Arbeit durch eine betriebliche Tätigkeit ein Arbeitnehmer einen anderen schädigt, sind Arbeitnehmerhaftung und Arbeitgeberhaftung unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen. Diese sind:

  1. Der Schaden ist ein Personenschaden.
  2. Der Schaden kann auf einen Versicherungsfall im Sinne des Unfallversicherungsrechts zurückgeführt werden.
  3. Der Arbeitgeber hat den Versicherungsfall/Personenschaden nicht vorsätzlich herbeigeführt.

Einschlägig sind Vorschriften des Sozialgesetzbuches, insbesondere § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (Sozialgesetzbuch VII).

In diesen Fällen springt die gesetzliche Unfallversicherung bei Personenschaden ein. Sie ist nicht Ansprechpartner für Sachschäden, die bei einem Mitarbeiter durch Fehlleistungen eines anderen Mitarbeiters entstehen. Beschädigte Kleidung oder andere private Gegenstände wie Uhr oder Brille unterfallen den allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung. Dabei kann es in vielen Konstellationen zu einem Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber kommen.

Zusammenfassung

Arbeitnehmerhaftung
Wir unterstützen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf dem Gebiet der Arbeitnehmerhaftung. Rufen Sie uns an unter: 06196 46566. Wir helfen Ihnen weiter.

Bei der Arbeitnehmerhaftung gelten unter bestimmten Voraussetzungen Haftungsbeschränkungen, veränderte Beweisregeln und möglicherweise ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Jeder Fall liegt anders und ist individuell zu würdigen. Im Kontext der Haftbarkeit von Arbeitnehmern können arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung und Kündigung drohen.

Arbeitnehmer sollten sich bei einem von ihnen verursachten Schaden im Zweifelsfall zeitnah rechtsanwaltlich beraten lassen. Die Würdigung eines Schadensereignisses am Arbeitsplatz ist eine komplexe Angelegenheit. Aktuelle Rechtsprechung kann eine Rolle spielen. Ebenso ist es wichtig, wie im Einzelnen argumentiert wird.

Auch Arbeitgebern ist zu empfehlen, anwaltliche Unterstützung zu suchen, wenn es um einen Fall der Arbeitnehmerhaftung geht. Ihnen droht ganz oder teilweise, in die Haftung einbezogen zu werden, wenn etwa Dritte geschädigt worden sind. Unsere Kanzlei ist ein erfahrener Ansprechpartner auf diesem Gebiet. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wir sind für Sie da!

FAQ

Was versteht man unter Arbeitnehmerhaftung?

Die Arbeitnehmerhaftung betrifft die Frage, ob Arbeitnehmer für während ihrer beruflichen Tätigkeit verursachte Schäden haften. Die Haftung hängt von der Fahrlässigkeit ab. Arbeitsrechtliche Folgen wie Abmahnungen oder Kündigungen sind möglich.

Wann ist ein Arbeitnehmer haftbar?

Ein Arbeitnehmer kann haftbar sein, wenn er während seiner beruflichen Tätigkeit fahrlässig handelt und dabei einen Schaden verursacht.

Für welche Schaden haftet der Arbeitnehmer?

Die Haftung hängt von der Schwere der Fahrlässigkeit ab:

– Leichte Fahrlässigkeit: Häufig führt nicht zur Haftung.
– Mittlere Fahrlässigkeit: Teilt die Haftung oft 50/50 mit dem Arbeitgeber.
– Grobe Fahrlässigkeit: Führt oft zur vollen Haftung des Arbeitnehmers.
– Vorsatz: Keine Haftungsbeschränkung, volle Haftung möglich.

Personenschäden können die Unfallversicherung betreffen.

Kann ein Arbeitgeber für seinen Mitarbeiter haften?

Ja, ein Arbeitgeber kann unter bestimmten Bedingungen für seinen Mitarbeiter haften, wenn dieser während der beruflichen Tätigkeit Schäden verursacht. In einigen Fällen kann der Arbeitgeber ganz oder teilweise in die Haftung einbezogen werden, insbesondere wenn Dritte geschädigt wurden.

Wann handelt ein Arbeitnehmer grob fahrlässig?

Ein Arbeitnehmer handelt grob fahrlässig, wenn er bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in besonders hohem Maße die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und vorsorgliche Maßnahmen vernachlässigt, die für jeden verständigen Menschen offensichtlich sind. Die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit hängt von individuellen Fähigkeiten ab und kann sich je nach Situation unterscheiden. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in den meisten Fällen vollständig für den verursachten Schaden.

Bildquellen: © Canva / Elnur, Flory

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