Scheidungen und andere Familiensachen werden vor den Familiengerichten verhandelt.
Dies verursacht zum einen Gerichtskosten und zum anderen Anwaltsgebühren.
Dies kann für Menschen, die über ein niedriges Einkommen verfügen, zu einem Problem werden, wenn sie für diese Kosten nicht aufkommen können.
Eine Scheidung sollte jedoch nicht aufgeschoben werden, nur, weil man selbst nicht die notwendigen Kosten tragen kann.
Wir zeigen die Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer Scheidung.
Inhalt
- Erste Möglichkeit: Die Rechtsschutzversicherung – Der Ausnahmefall
- Zweite Möglichkeit: Verfahrenskostenhilfe – Bedürftigkeit muss vorliegen
- Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe
- Wie bekomme ich Verfahrenskostenhilfe?
- Bedürftigkeit ist Voraussetzung
- Voraussetzung für einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
- Muss man die Verfahrenskostenhilfe bei Scheidung zurückzahlen?
- Dritte Möglichkeit: Verfahrenskostenvorschuss – Der Ehepartner muss die Kosten übernehmen
1. Erste Möglichkeit: Die Rechtsschutzversicherung – Der Ausnahmefall
Die Übernahme der Kosten für eine Scheidung durch die Rechtsschutzversicherung ist eine absolute Ausnahme.
Es gibt allerdings Rechtsschutzversicherungen, die einen Versicherungs-Baustein anbieten, der für Scheidungskosten beinhaltet. Allerdings existiert dabei eine Obergrenze der Kosten – d.h. die Versicherung übernimmt vielleicht nur einen Teil der Kosten.
Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass erst nach einer gewissen Zeit die Rechtsschutzversicherung eintritt. Jedoch soll an dieser Stelle nochmal darauf hingewiesen werden, dass nur wenige Rechtsschutzversicherer diese Kostenübernahme anbieten und auch nur, wenn der Eherechtsschutz dazugebucht worden ist.
Eine Übernahme der Scheidungskosten durch die Rechtsschutzversicherung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht.
2. Zweite Möglichkeit: Verfahrenskostenhilfe – Bedürftigkeit muss vorliegen
Die Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Leistung um Menschen, die über ein niedriges Einkommen verfügen und kein Vermögen haben, einen Gerichtsprozess oder ein familiengerichtliches Verfahren zu ermöglichen.
Je nach finanzieller Leistungsfähigkeit übernimmt die Staatskasse die gesamten Kosten oder vereinbart eine moderate Ratenzahlung für einen Teil der Kosten.
3. Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe
Auch wenn sich die Begriffe Verfahrenskostenhilfe und Prozesskostenhilfe unterscheiden, so meinen sie doch das gleiche.
Prozesskostenhilfe können bedürftige Menschen bei einem Gerichtsprozess als staatliche Leistung beantragen.
Eine Scheidung oder andere familiengerichtliche Entscheidungen werden seit 2009 nicht mehr als Prozesse bezeichnet, sondern als Verfahren. 2009 wurde das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) beschlossen, welches diese Begriffe eingeführt hat.
Deshalb heißt die Prozesskostenhilfe für Scheidungen und andere familiengerichtliche Verfahren im Speziellen Verfahrenskostenhilfe.Beide Begriffe meinen jedoch die selbe staatliche Leistung
4. Wie bekomme ich Verfahrenskostenhilfe?
Um Verfahrenskostenhilfe zu bekommen, muss ein Antrag bei dem zuständigen Gericht gestellt werden. In dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe müssen umfassende Angaben zu familiären Situation, zum Beruf und der ausgeübten Tätigkeit sowie zu den persönlichen Verhältnissen gemacht werden.
Des Weiteren enthält der Antrag eine Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Dort sind alle Einkünfte und Vermögenswerte einzutragen, aber auch Ausgaben wie Kredite und andere Verbindlichkeiten, Miete oder sonstige Ausgaben sind anzugeben.
Dazu sind jeweils auch Nachweise wie der Arbeitsvertrag und Gehaltsmitteilungen, Kontoauszüge, der Mietvertrag, Bescheide über ALG-I/ALG-II oder z.B. Krankengeld beizufügen.
Die gemachten Angaben müssen wahrheitsgemäß angegeben werden. Falsche Angaben können zur Aufhebung der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe führen, auch wenn der Anspruch an sich noch gegeben wäre.
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und die Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden zusammen mit dem Scheidungsantrag durch uns eingereicht.
5. Bedürftigkeit ist Voraussetzung
Die Verfahrenskostenhilfe wird vom Gericht nur bewilligt, wenn eine Bedürftigkeit vorliegt. Antragsteller sind dann bedürftig, wenn ein nur geringes Einkommen vorliegt.
Ob ein geringes Einkommen vorliegt wird aus den Angaben im Antrag auf Verfahrenskostenbeihilfe und den eingereichten Nachweisen berechnet. Hierfür wird das sog. einzusetzende Einkommen gebildet, welches sich aus dem Einkommen, den Ausgaben, den Verbindlichkeiten und bestimmten Freibeträgen errechnet.
Freibeträge gibt es z.B. für das Einkommen der zusammen wohnenden Personen und für die Kinder, für die eine Unterhaltsverpflichtung besteht.
Anhand der Berechnung des Gerichts wird entschieden, ob ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe besteht oder nicht.Übersteigt das einzusetzende Einkommen die Ausgaben und Freibeträge um 15 Euro, dann wird das Gericht eine Ratenzahlung festsetzen, die maximal auf 48 Monate ausgedehnt werden kann.
Je höher das einzusetzende Einkommen ist, desto höher wird auch die Ratenzahlung ausfallen.
6. Voraussetzung für einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
Die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung einer Verfahrenskostenhilfe sind die hinreichenden Erfolgsaussichten und, dass das Verfahren nicht mutwillig angestrengt wurde.
Hinreichende Erfolgsaussichten hat eine Scheidung dann, wenn das Trennungsjahr eingehalten wurde oder ein Härtefallgrund vorliegt.
Deshalb wird der Scheidungsantrag auch mit dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gemeinsam eingereicht, da das Familiengericht die hinreichenden Erfolgsaussichten prüft. Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (so der BGH, Az. XII ZB 180/06).
Das heißt immer dann, wenn man objektiv davon ausgehen kann, dass ein Verfahren nur deshalb angestrengt wird, weil Verfahrenskostenhilfe zusteht und dieses Verfahren sonst nicht angestrengt worden wäre, liegt eine Mutwilligkeit vor und die Verfahrenskostenhilfe wäre ausgeschlossen.
Bei Scheidungsverfahren stellt dies aber in der Regel kein Problem dar.
7. Muss man die Verfahrenskostenhilfe bei Scheidung zurückzahlen?
Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist immer nur vorläufig. Innerhalb von 48 Monaten kann das Gericht die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überprüfen.
Jede Verbesserung des Einkommens muss daher in diesem Zeitraum auch eigenständig an das Gericht gemeldet werden. Das Gericht entscheidet dann, ob der Empfänger der Verfahrenskostenhilfe einen Teil der Kosten oder Gebühren nachträglich übernehmen muss.
Dies kann entweder im Rahmen einer Einmalzahlung geschehen oder mit einer höheren Ratenzahlung.
8. Dritte Möglichkeit: Verfahrenskostenvorschuss – Der Ehepartner muss die Kosten übernehmen
Die Verfahrenskostenhilfe ist dann ausgeschlossen, wenn der andere Ehepartner mit seinem Einkommen auch die Kosten der Scheidung des Antragstellers leisten kann.
Kann der andere Ehepartner nämlich diese Kosten übernehmen, liegt für den Antragsteller keine Bedürftigkeit vor. Man spricht dann von dem sog. Verfahrenskostenvorschuss, der eine Unterhaltsleistung des getrennt lebenden Ehepartners darstellt.
Der Verfahrenskostenvorschuss ist nicht nur im Rahmen des Scheidungsverfahrens möglich, sondern u.a. auch bei den Verfahren in Sachen des Trennungsunterhalts oder Verfahren über den Zugewinnausgleich.
Der Verfahrenskostenvorschuss ist gegenüber der Verfahrenskostenhilfe vorrangig und muss, wenn der getrennt lebende Ehepartner sich dem Vorschuss verweigert, vor Gericht in einem Anordnungsverfahren geltend gemacht werden.
Für dieses Verfahren kann wiederum Verfahrenskostenhilfe beantragt werden.
Haben Sie noch Fragen oder brauchen Sie einen Fachanwalt für Familienrecht für Ihre Scheidung? Dann rufen Sie uns an unter 06196 465 66 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@fachanwaelte-bundesweit.de. Wir helfen Ihnen gerne!
Bildquellennachweis: HayDmitriy | Panthermedia